Begründung Art. 18 Staatsverwaltungsgesetz, Art. 4 Abs. 3 und Art. 10 Abs. 1 Lehrpersonenverordnung

Herr Präsident

Meine Damen und Herren

Gerne möchte ich mit einem Vergleich beginnen. Wenn jemand mit einer Raspel quer zu den Fasern über das Holz zieht, fressen sich die Raspelzähne ins Holz und hinterlassen eine tiefe Spur. Es bedarf vieler Durchgänge mit Schleifpapier in Faserrichtung, um den Schaden zu beheben. Genauso verhält es sich mit Vorurteilen, die sich oft hartnäckig halten, insbesondere wenn es um die Arbeitszeit oder die Ferien von Lehrpersonen geht. Auch hier im Ratssaal habe ich Bemerkungen gehört, die auf Vorurteilen basieren und den tatsächlichen Sachverhalt verkennen.

Die Arbeitszeit der Lehrpersonen wurde in breit angelegten Erhebungen 1999, 2009 und 2019 ermittelt. Jedes Mal wurden Daten von über 10’000 Lehrpersonen erhoben und ausgewertet. Die Daten sind alle öffentlich im Netz zu finden. Die Ergebnisse zeigen, dass die jährliche Arbeitszeit in diesem Beruf problemlos erreicht und übertroffen wird. Das Vorurteil gegenüber den Lehrpersonen ist aber trotzdem schwer auszuschleifen. Es ist zu hoffen, dass es wenigstens nicht in Stein gemeisselt ist.

Diese zusätzliche Ferienwoche soll mehr Erholung gewähren und die Arbeitszufriedenheit steigern, mit der Konsequenz, dass insgesamt weniger Arbeitsstunden zur Verfügung stehen.

Diese Ferientage werden deshalb zu vermehrten Pendenzen oder Überstunden führen. Bei einigen Ämtern muss mit einer Erhöhung des Stellenetats gerechnet werden. Bei der Polizei oder dem Gericht wird das bereits in der Botschaft erwähnt. Um die Sicherheit weiterhin zu gewährleisten, wurde also an notwendige Umsetzungsmassnahem gedacht. Nicht so bei der Bildung.

Im Vergleich zur Polizei oder auch dem Gericht arbeiten in der Bildung viel mehr Personen. Von Umsetzungsmassnahmen im Bildungsbereich ist in der Botschaft jedoch nichts zu lesen.

Als Beispiel:
In der Schule Sarnen würden mit der zusätzlichen Ferienwoche mehr als 5000 Stunden weniger zur Verfügung stehen. Dieser Wegfall würde besonders die Unterrichtsvor- und -nachbereitung betreffen. An der Kantonsschule wären es ca. 1500 Stunden. Über den ganzen Kanton hinweg ergibt das mehrere tausend Stunden.

Welchen Einfluss auf die Bildungsqualität in Obwalden wird wohl eine Reduktion von über 10’000 Stunden haben? Dazu möchte ich gerne die Einschätzung des Erziehungsdirektors hören. Es sind über 10’000 Stunden, in denen bisher wohl kaum nur Arbeitsblätter verziert worden sind. Diese Stunden wurden in der unterrichtsfreien Zeit für die Vorbereitung des Unterrichts, in die Planung von Klassenlagern und in die Weiterbildung investiert, damit in den Schulwochen genug Ressourcen fürs Tagesgeschäft bleiben. Können die jetzt ohne Qualitätsverlust wegfallen? Weshalb könnten in der Bildung tausende von Stunden wegfallen ohne Konsequenz für die Lehrpersonen oder die Lernenden, währen bei den Ämtern eine Stellenaufstockung bei einem Wegfall von einigen 100 Stunden als erforderlich erachtet wird?

Im Schulbetrieb ist es nicht möglich, den Pendenzenberg wachsen zu lassen. Unterricht findet nach Stundenplan statt und die Unterrichtsvorbereitung darf nicht auf dem Pendenzenberg liegen, wenn die Kinder im Zimmer sitzen.

Soll die bisherige Qualität erhalten bleiben, wird das zu Überzeiten führen. Statt einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen wird Unzufriedenheit verbreitet.

Mit der bisherigen Ferienregelung erhöhte sich der Ferienanspruch ab dem 50. Altersjahr für alle Angestellten um eine Woche. Bei den Lehrpersonen wurde diese zusätzliche Woche mit einer Entlastungslektion umgesetzt. Ebenso ist es mit der zusätzlichen Ferienwoche ab dem 60. Lebensjahr. Die neue Ferienreglung bringt nun eine zusätzliche Ferienwoche ab dem 21. Lebensjahr und drei zusätzliche Tage ab dem 50 Lebensjahr. Für die Lehrpersonen gibt es lediglich eine technische Anpassung und keine Entlastung wie bei den bisherigen Anpassungen. Eine entsprechende Entlastung müssen sie sich in Eigenverantwortung selbst organisieren. Ich frage mich, inwiefern hier die Vorurteile bezüglich der Arbeitszeit von Lehrpersonen mitgewirkt haben.

Die Lehrpersonen sind sich bewusst, dass sie in einer privilegierten Situation sind, weil sie ihre Arbeitszeit zum grossen Teil frei einteilen können. Eine Erhöhung der Ferien ohne entsprechende Vollzugsrichtlinien ist aber praxisfremd und nicht durchdacht.
Die technische Anpassung der Arbeitszeit bedeutet lediglich eine kleinere Zahl auf einem Papier, welche für die Betroffenen nicht spürbar ist, nicht nachvollziehbar und nicht umsetzbar ist.

Nur im Vertrauen darauf, dass bei Lehrpersonen das Kind im Zentrum steht und nicht ihre Arbeitszeit und es deshalb nicht zu einem Verlust der Unterrichtsqualität kommen wird, ist keine umsichtige Personalführung. Mit modernen Anstellungsbedingungen und einer Steigerung der Attraktivität hat das nichts zu tun. Um von den attraktiveren Ferienregelung zu profitieren, braucht es bei der Verwaltung und bei den Lehrpersonen weitere Anpassungen als nur die Kürzung der Arbeitszeit.

Eine praktikable Umsetzung für die Lehrpersonen muss im Bildungsgesetzt oder in der Lehrpersonenverordnung erarbeitet werden. Der Artikel 18 soll deshalb entsprechen ergänz werden.

So und jetzt schleife und feile ich nicht länger und danke für eure Aufmerksamkeit.

 

Josef Allenbach

Kantonsrat SP Obwalden

Hier kommst du zum Beitrag vom SRF Regionaljournal Zentralschweiz zur Debatte im Kantonsrat (ab Minute 1:00 bis 5:04).

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